Alle Jahre wieder

Alle Jahre wieder…
Das erinnert doch sehr an Weihnachten, und dass im Juli? Der Literaturkurs, unter Leitung von Frau Beeck, hatte das Stück „Das lange Weihnachtsmahl“ von Thornton Wilder gewählt. Na ja, vielleicht auch ein bisschen geändert, so zieht die Familie Printemps in das Haus der Familie Barrenbach und das Stück spielt im 20. statt Ende des 19. bis frühes 20. Jahrhundert. Und auf einmal machte auch Weihnachtsgebäck an einem lauen Juliabend Sinn.
Am 2. Juli 2004 füllte sich die Aula gegen 20 Uhr allmählich. Das alleine ist ja noch nicht sonderbar, aber als dann noch Weihnachtsplätzchen an die Gäste verteilt wurden, kamen die meisten aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Auf der Bühne steht derweil eine lange Tafel, gedeckt für eine Großfamilie. Und nachdem sich alle Gäste gesetzt haben erscheinen sie: Großmutter Barrenbach mit Sohn und Schwiegertochter. Und so beginnt die Reise mit der Familie Barrenbach durch 90 Jahre Geschichte. Der Zuschauer erlebt mit, wie Bekannte einziehen, Kinder geboren werden, und Alte sterben. Konflikte erinnern unwillkürlich an die eigene Familie (Familienkrach beim Weihnachtsessen, Anekdoten die man zum 100. Mal erzählt bekommt oder die Geschichten aus der Kindheit, die die Eltern so gerne von sich geben).
Links von der Festtafel stand ein Tor, durch das die Kinder herein geschoben wurden, während durch das rechte Tor die Greise gingen, wenn sie starben. Diese höchst philosophische Umsetzung von Leben und Tod regte immer wieder zum Lachen an. Waren die Neugeborenen ausführlich von allen begrüßt worden, wurden sie vom Kindermädchen „hoch in den ersten Stock gebracht“. Besonders ansprechend gestaltet war der frühe Kindstod von Clarissas erstgeborenem Kind: Die Zuschauer lagen vor Lachen fast unter den Stühlen, als die Mutter dem Kinderwagen, den das Kindermädchen, nachdem sie kurz zuvor durch das erste Tor hereingekommen war, wieder von der Bühne fuhr, weinend hinterher lief.
Trotz der Antipropaganda, die von einigen Kursschülern zu hören war, war die Aula voll besetzt und bereut hat diesen Theaterbesuch niemand. Ganz im Gegenteil, es war von allen Seiten nur Lob für die Jungschauspieler zu hören, mal für die bereits oben erwähnte Umsetzung von Geburt und Tod, dann mehr für die Darstellung des Generationenkonflikts oder auch die Rollen an sich.
Alles in allem ein gelungener Abend, der einen schon gespannt auf die Aufführung des nächsten Literaturkurses macht.

Großfamilie Barrenbach
oder
der gesamte Literaturkurs unter Leitung von Frau Beeck

Chris
Juli 2004