Der Literaturkurs in der Q1 heißt am RSG seit vielen Jahren Theater machen. Man könnte auch eine Schreibwerkstatt, ein Ausstellungsprojekt oder ein Video in Angriff nehmen. Aber bisher war immer klar: Wir machen Theater. Die Schülergruppen sind sich in diesem Punkt einig, so unterschiedlich sie auch sonst in jeder Hinsicht sein mögen. Die Teilnehmerzahlen schwanken zwischen etwa fünfzig und knapp unter zwanzig. Literatur ist kein Mädchenfach, doch haben wir regelmäßig das Problem zu lösen, dass die allermeisten Stücke mehr Männer- als Frauenrollen haben.Die Begabung, das Interesse, die Eignung der Schülerinnen und Schüler ist so unterschiedlich wie in allen anderen Fächern auch. Mancher, der Literatur wählt und weiß, dass es um Theater gehen wird, will dennoch „keinesfalls“ auf die Bühne. Denn manchmal ging es bei der Entscheidung für das Fach Literatur nur darum, nicht Kunst und nicht Musik zu wählen. Da sagt dann so ein unfroher Nerd oder auch ein unsicher lärmender Testosteron-Troll: „Ich dachte, ich könnte ja vielleicht was mit Technik machen.“ – Ja, vielleicht.
Literatur ist ein Fach, das auf sehr vielen, sehr unterschiedlichen Ebenen Einsatz ermöglicht und fordert. Meist vollen Einsatz. Der angebliche Techniker ist wahrscheinlich nicht faul, kein Drückeberger, aber wohl einer, der den vollen Einsatz nicht riskieren will. Zumindest soll es keiner wissen, dass er spielen will. Unsichtbar auf die Bühne, das wäre die Lösung. Als Techniker bewegt er sich, wie er glaubt, auf bekanntem Terrain, hilft, wie er glauben macht, nur mal unverbindlich aus, ohne über seine bisherigen Grenzen gehen zu müssen. Wenn er aber Glück hat, läuft es anders: Er setzt sich zunehmend ein, sucht und findet kreative Lösungen, identifiziert sich mit dem Projekt, wächst und staunt über sich und freut sich am Gelingen und an der Anerkennung der anderen, mit denen er zusammenarbeitet. Und plötzlich steht er doch mit ihnen auf der Bühne: Eine Rolle, vielleicht eine kleine, aber ein echter Bühnenauftritt. Lampenfieber. Angst und Mut und Erfolg – das ist jetzt alles drin.
Wir versuchen solche Verläufe zu unterstützen. Fräulein Mäuschen wie Madame Abwehrend-Hochnäsig und Mr. Coool sollen, wenn es denn irgend geht, aus sich heraus und über sich hinaus. Gelegenheiten dazu gibt es viele im Fach Literatur. Daher dann auch die manchmal spektakulären Noten, weit über dem persönlichen Durchschnitt, die anfangs auch bei Kollegen der anderen Fächer zu dem Missverständnis führten, in Literatur gebe es Gratispunkte.
Das Gegenteil wird uns inzwischen nachgesagt: Ununterbrochener Stress, Tag und Nacht, keine Freizeit, Urlaubssperre von Weihnachten bis zur Aufführung. Du liebe Güte!
Wer ein einziges Mal fast so lange in der Aula geprobt hat, wie seine letzte private Party gedauert hat, der hat womöglich eine wichtige Selbst-Erfahrung gemacht und ist von den eigenen Möglichkeiten schwer beeindruckt. Dieses Erlebnis persönlicher Entwicklung ist Außenstehenden schwer zu kommunizieren, da macht es vielleicht mehr Eindruck, wenn man sie glauben lässt, man habe mit knapper Not überlebt.
Ohnehin ist ja noch von jedem Einzelnen der Transfer ins normale Leben zu leisten. Wir hoffen, dass man auch später vom Literaturkurs zehren kann, wenn zum Beispiel das Selbstvertrauen mal wankt, wenn man Prüfungsangst durchstehen oder öffentlich sprechen muss, um die Republik zu retten. Aber auch privat und kulturell ist es ja vielleicht nicht schlecht, dem Theater auf Tuchfühlung nah gekommen zu sein.
Theater in anderen Fächern
Darstellen und spielend Gestalten – das ist ganz einfach auch eine Unterrichtsmethode, die gern und mit Erfolg am RSG eingesetzt wird. Da geht es um Verstehen und verständlich machen und um Lernen aus dem Spiel. Der Fremdsprachenunterricht nutzt das Spiel in Sekundensequenzen, wenn eine Vokabel veranschaulicht wird, in kurzen Alltagsszenen, die etwa einen Restaurantbesuch nachstellen, und in längeren Umsetzungen von Literatur. Im Deutschunterricht ist In-Szene-Setzen zu vielen Anlässen selbstverständlich. Aber auch in manchem anderen Fach ergeben sich Gelegenheiten zum sinnvollen Einsatz von szenischem Spiel und Theater. Oft sieht man kleine Schülergruppen im Flur vor den Klassen proben für den unmittelbar bevorstehenden Auftritt. Die Bühne ist dabei oft nur das Klassenzimmer, bei größeren Vorhaben vielleicht auch der kleine Theaterraum (R 161).
Auch im Bereich der individuellen Förderung ist der Einsatz von darstellendem Spiel bereits erfolgreich erprobt.
Theater mit Lehrern
Auftritte des Lehrertheaters am RSG sind keine ständige Einrichtung. Leider. Aber doch häufig genug, – bisher drei Inszenierungen, zuletzt „Molière in Stücken“ -, um immer eine Anzahl von Kollegen mit eigener, schulinterner Theatererfahrung vorweisen zu können. Zusammen mit den Lehrern und Lehrerinnen, die in Schulchor und Orchester engagiert sind, garantiert das ein breites fächerübergreifendes Verständnis für den musischen Bereich.
Vor allem aber macht es den Akteuren und den vielen Zuschauern immer großen Spaß. Und natürlich lernen dabei auch die Lehrer noch was fürs Leben und natürlich erzählen auch sie ihren Enkeln noch davon.
Zusammenarbeit mit anderen musischen Fächern und der Musikschule
Seit dem Oktober 2010 ist hier noch Fine Arts hinzugekommen: In Kooperation mit der Musikschule wurden Tanz, Musik, bildende und darstellende Kunst im Rahmen einer Weinverkostung dargeboten.